Geschichte


 

  

                  

                                                                                                    

Wie es zur Erfindung der ersten Strickmaschine" kam, erzählt folgende rührende Geschichte: William Lee lernte als Student der Universität Cambridge ein armes Mädchen kennen, in das er sich Hals über Kopf verliebte und sofort heiratete. Sein Amt als Prediger brachte so wenig ein, daß die junge Frau Geld hinzu verdienen mußte. Sie strickte mit Fleiß und Ausdauer Strümpfe. Er grübelte darüber nach, wie er seiner seiner Frau helfen könnte; ein Gerät zu erfinden, das die Strümpfe schneller strickte als ihre flinken Hände.

Es war nicht einfach, ohne Hilfe der Finger die Maschen mit den glatten Nadelspitzen herzustellen. Schließlich kam er auf die Idee, die Nadelspitzen zu einem winzigen Häkchen umzubiegen; das war die entscheidende Lösung. Im Jahre 1589 konnte er den ersten richtig funktionierenden Handkulierstuhl vorführen, der bereits sechsmal schneller arbeitete als die Hand. Lees Erfindung wurde zunächst in Frankreich ausgewertet, wohin er mit seinem Bruder ausgewandert war. Später kam sie durch französische Auswanderer in andere Länder des Kontinents.

Als Handwerk wurde das Stricken zur damaligen Zeit nicht von Mädchen und Frauen ausgeübt, sondern Männer beschäftigten sich damit. Noch gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Stricken zunftpflichtig"; die Zunft der Stricker wurde der Tuch- und Barettmacherinnung unterstellt. Das Stricken gewann schon nach wenigen Jahrzehnten solche Bedeutung, daß vorgeschrieben wurde, bei der Ablegung der Meisterprüfung auch einen Strickteppich fehlerlos herzustellen. Diese Strickteppiche und -decken sind ausgestattet mit reichen Tier- und Pflanzenornamenten. Nach der Fertigstellung wurden die Teppiche durch heißes Wasser gezogen, wodurch sie verfilzten, und nachher geschoren. Das Maschenbild verschwand, und man war lange Zeit im Zweifel über die Art der Herstellung. Die älteste erhaltene Arbeit wurde im Heimatmuseum in Neiße verwahrt, entstanden um das Jahr 1667. Im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg können wir einen Strickteppich aus dem Jahr 1690 bewundern, dessen Farben sich bis auf den heutigen Tag besonders gut erhalten haben; er hat ein Ausmaß von 174 x 160 cm.. Aber nicht nur Meisterteppiche sind im 17. und 18. Jahrhundert entstanden; auch für den häuslichen Bedarf wurde fleißig gestrickt. In einem Frauenzimmer-Lexikon", das im Jahre 1739 erschienen ist, heißt es unter anderem: Stricken ist eine Wissenschaft (!), Strümpfe, Handschuhe, Camisöler, Mützen, Sachen von Seide, Wolle, Zwirn oder Garn vermöge der dazu gehörigen Stricknadeln künstlich ineinander zu schlagen und jedem Stück die gehörige Form zu geben."


Ist von prominenten Strickern des 18. Jahrhunderts die Rede, so wird Marie Antoinette genannt und auch von Friedrich dem Großen wird behauptet, daß er sich in seinen Mußestunden ab und zu auch mit Stricknadeln die Zeit vertrieb.
Ein Jahrhundert später, in der Biedermeierzeit, war man mit besonderem Fleiß beim Stricken. Jetzt waren es nicht allein Strümpfe und Handschuhe, Mützen und Camisöler", die man mit Eifer strickte. Zur Wohnkultur des Biedermeiers gehörten auch Decken für den Familientisch, die großen Spreizdecken für das Doppelbett, Gardinen für die Fenster. Aus feinstem Leinenzwirn und mit ganz dünnen, biegsamen Nadeln aus Draht strickte man Babyhäubchen in feinen, hauchzarten Spitzenmustern, Muster, die wir auch heute noch kennen und in Baumwollgarn oder Wolle gern stricken. Ebenso übte man das Perlenstricken mit Ausdauer, Blumengemusterte Beutel entstanden, an denen man die Maschen nicht mehr erkennen kann, denn mit jeder Masche ist eine Perle eingestrickt; eine wirklich mühsame Beschäftigung, denn ehe man ans Stricken gehen konnte, mußte - rückgehend dem Muster Reihe für Reihe oder Runde für Runde folgend - eine bunte Perle um die andere auf den Arbeitsfaden aufgezogen werden. Auch Babyhäubchen wurden mit Borten aus bunten Perlen verziert. Als Vorlage dienten Typenmuster, in denen für jede Farbe ein anderes Zeichen eingetragen war. Gestrickte Strümpfe blieben im Biedermeier große Mode, nachdem Paris eine fußfreie Rocklänge vorschrieb, wurden sie zum wichtigen Requisit. Man strickte sie vorwiegend aus weißer Baumwolle, verzierte sie mit Stickereien am Zwickel und Spitzenmustern im Fußblatt. Oft wurden in den Rand des Strumpfes nicht nur die Anfangsbuchstaben des Namens, sondern auch Ort und Entstehungszeit in Linksmaschen oder mit winzigen Perlchen verewigt. In Modejournalen und Frauenblättern aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begegnen wir immer häufiger Strickanleitungen für Röckchen, Mantillen, Umhänge, und warmer Wäsche.

Während des ersten Weltkrieges waren es in erster Linie wieder warme Hüllen für den Winter wie Socken, Puls- und Kniewärmer, Mützen und Schals gestrickt. In den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts verlor der handgestrickte Strumpf mehr und mehr an Bedeutung, die Industrie übernahm die Herstellung. Lediglich in der Sport- und Trachtenmode behielten die Handgestrickten ihren festen Platz, Der Sweater wandelte sich in jenen Jahren zum Pullover. Und seither - je nach Absicht der Haute Couture - ist die Strickmode mal sportlich salopp, mal figurbetonend eng. Das Stricken mit der Hand ist ein Hobby, das nicht allein entspannt und die Zeit vertreiben hilft, sondern bei dem auch nützliche und schöne Dinge entstehen.